Tschüss, Adobe - Teil 1
Cloud-Dienste, künstliche Intelligenz und Abo-Dienste gehen mir immer mehr auf die Nerven. Deswegen versuche ich, die Adobe-Produkte zu ersetzen.
Hier die ersten Überlegungen zur Vorgehensweise.
Geht es Ihnen auch so?
Die modernen Internet-Dienste gehen mir mehr und mehr auf die Nerven. Das betrifft
auch die immer als
vorteilhaft verkaufte “Integration” von Diensten, die sich oft nur als Gängelband für
Benutzer entpupppt, mit dem sie an eine Firma gebunden werden sollen.
Ebenso liefert man den Firmen ständig Daten, ohne eine Kontrolle darüber, welche,
wie viel und was die Firmen damit anstellen. Die Datenschutzerklärungen kann man getrost
vergessen - Daten, die vorhanden sind werden IMMER mißbraucht.
Ebenso sehe ich Künstliche Intelligenz sehr kritisch und Adobe ist stolz darauf, diese immer weitergehend einzusetzen. An vielen Stellen macht das die Bearbeitung einfach - wenn am Ende aber jeder einfach per Klick sein Foto bearbeitet haben wir keinen kreativen Prozess mehr sondern nur noch maschinenbetreute Idiotie.
Inzwischen hat meine Abscheu dagegen ein Maß erreicht, dass ich mich nach Alternativen umsehen muß.
Die Adobe-Programme
Nachdem die Firma Apple ihr Programm Aperture sang- und klanglos eingestampft hat - ohne eine gleichwertige Alternative anzubieten - sah ich mich nach reiflicher Abwägung gezwungen, ein Adobe-Abonnement für das Fotografen-Bundle (Lightroom und Photoshop) zu bezahlen.
Lightroom (inzwischen heißt es Lightroom Classic) ist ein leistungsfähiges Programm, das mehrere Funktionen bietet:
- Digital Asset Management
Das Programm verwaltet einen Katalog mit dem man seine Bilder hervorragend organisieren kann. Für mich ist das das hervorstechendste Merkmal von Lightroom und die wichtigste Funktion. Besonders hervorzuheben ist die gut gemachte Karten-Funktion zur Pflege/Verwaltung von Positionsdaten. - RAW-Entwicklung
Der RAW-Konverter in Lightroom ist auf hohem Niveau und einigermaßen einfach zu bedienen. - einfache Bildbearbeitung
Lightroom beinhaltet auch Werkzeuge für einfachere Bildbearbeitungen. Einfach heißt hier durchaus auf einem Niveau, das andere Programme nicht haben. Für komplexere Bearbeitungen gibt es dann Photoshop. - Sehr gute Culling-Unterstützung
Für die manuelle Auswahl der Bearbeitungs-“Kandidaten” stellt Lightroom diverse Ansichten bereit, die eine Auswahl der guten Fotos und Entfernung weniger guter Fotos erleichtert. Diese sind in der Katalog-Ansicht verfügbar, man muß die Bilder also erst einmal importieren (im Gegensatz zu spezialisierten Culling-Programmen, die schon vor dem Import eingesetzt werden können).
Zu Photoshop muß man nicht viel sagen: es ist seit den Anfängen der digitalen Bildbearbeitung der leistungsfähige Klassiker. Ich habe viel Zeit und auch Geld investiert, Photoshop-Techniken zu erlernen. Zum Glück sind viele davon allgemein gültig und können auch in anderen Programmen angewendet werden.
Natürlich möchte ich meinen Arbeitsprozeß nicht komplett umstellen und auch die Arbeit, die ich in meinen Bilder-Katalog gesteckt habe, möchte ich nicht verlieren.
Alternativen
Die von Adobe bereitgestellte Kombination von Eigenschaften findet man leider
nirgends 1:1 wieder.
Deswegen muss man verschiedene Programme für verschiedene Bereiche einsetzen.
Es gibt zwar Capture One Pro (https://www.captureone.com/) - die Firma wechselt jetzt aber auch “auf
Kundenwunsch” zu einem Abo-Modell. Zudem bietet das Programm keine
Bildbearbeitung im eigentlichen Sinn - es ist im Wesentlichen ein RAW-Konverter.
Die Pro-Variante hat auch einen integrierten Katalog. Das Programm macht
sehr viel Sinn für Berufsfotografen, die die Bilder nicht künstlerisch
bearbeiten - also Hochzeitsfotografen etc. Hier kann das Programmm durch
seine durchdachten Export-Funktionen punkten - meine Bedürfnisse sind
aber andere. Eine Zeitlang habe ich mit dem Programm gearbeitet - bis der
Preis für jedes Update so stark anzog, dass es keinen Sinn mehr machte.
Bildverwaltung (DAM)
Da ich auf einem Mac arbeite, kommt einem sofort das bekannte Programmm
NeoFinder (https://cdfinder.de/) in den Sinn.
Das Programm wurde entwickelt, um Kataloge von CDs oder ganz allgemein
von Datenträgern zu verwalten. Die Inhalte können alles mögliche sein,
ob Musik, Fotos, Videos oder andere Dinge. Neofinder kann natürlich
auch Daten verwalten, die sich auf der Computer-Festplatte befinden.
Fotos sind sehr gut unterstützt, selbst Geo-Daten (Karten-Position)
lassen sich verwalten. Die Meta-Daten der Bilder können direkt aus den
Bild-Dateien oder aus Zusatz-Dateien ausgelesen werden (Lightroom
unterstützt auch die Generierung dieser Zusatzdateien).
Ich habe NeoFinder schon ein paarmal angetestet und könnte mir vorstellen,
das Programm dauerhaft einzusetzen. Culling (Bilderauswahl) ist allerdings
absolut rudimentär unterstützt und eigentlich nicht brauchbar.
Es gibt übrigens auch ein ähnliches Programm für Windows: abeMeda
(http://www.abemeda.de/).
Der nächstbeste Kandidat ist wohl das freie Program digiKam
(https://www.digikam.org/).
Das Programm ist für Linux, Windows und Mac verfügbar und kostet nichts.
Zudem wird es auch aktiv weiterentwickelt (bei freier Software nicht
selbstverständlich).
Die Bedienung unterscheidet sich sehr von den Programmen, die ich
bis jetzt benutzt habe, so dass ich noch nicht so richtig mit dem Programm
warm geworden bin. Es scheint aber ziemlich leistungsfähig zu sein und
selbst das Culling kann man mit etwas Wissen in ähnlicher Weise wie in
Lightroom durchführen.
Für Programmierer interessant: Das Programm hat auch eine API, mit der man
die Funktionen aus anderen Programmen heraus ansprechen kann. Laut Dokumentation
enthält es ebenso einen RAW-Konverter und einfache Funktionen zur
Bildbearbeitung (wie Lightroom).
Auch darktable (https://www.darktable.org/) könnte
eine Variante sein - aus irgendeinem Grund hatte ich das Programm aber schon einmal
verworfen. Zur Sicherheit werde ich es mir noch einmal ansehen.
Auch darktable ist freie Software und steht für Linux, Windows und Mac zur
Verfügung.
RAW-Entwicklung
In diesem Bereich ist die Auswahl riesig groß. Hier ein paar Varianten:
- RawTherapee (https://rawtherapee.com/)
Extrem mächtiges Werkzeug, freie Software, verfügbar für Linux, Windows und Mac.
Hier kann man in die letzten Feinheiten der RAW-Konvertierung einsteigen - man muß es aber nicht. Über vorbereitete Einstellungen kann man auch “Standard”-Konvertierungen machen. - Affinity Photo (https://affinity.serif.com/de/photo/)
Sehr ähnlich zu Lightroom. Preiswert und leistungsfähig. - Capture One Pro (https://www.captureone.com/)
Sehr gut, allerdings teuer. Ab demnächst Abo-Verfahren - DxO PhotoLab (https://www.dxo.com/)
Gutes Produkt, das ich auch eine Zeit lang eingesetzt habe. - DigiKam (https://www.digikam.org/)
Habe ich noch nicht ausprobiert, könnte aber ausreichend gut sein. - darktable (https://www.darktable.org/)
Zum Programm kann ich nicht viel sagen - ich hatte es einmal ausprobiert aber wegen irgendetwas wieder verworfen. Ein zweiter Blick könnte nicht schaden. - Gimp/UFRAW (https://www.gimp.org/)
Im freien Bildbearbeitungsprogramm GIMP ist unter Umständen der RAW-Konverter UFRAW schon vorinstalliert. Falls nicht, läßt er sich leicht nachrüsten.
In neueren Versionen können auch RawTherapee oder darktable als RAW-Konverter eingebunden werden.
Culling (Bildauswahl)
Eine kurze Recherche ergab leider keine Treffer für Programmme, die ähnliche
Vorgehensweisen wie Lightroom ermöglichen.
Dafür jede Menge Treffer und Werbung für automatisierte Tools, die
mit Cloud-Unterstützung und künstlicher Intelligenz arbeiten - also genau
das, was ich nicht möchte. Auch diese Programme sind vor allem auf
Hochzeitsfotografen oder ähnliches ausgelegt.
Bildbearbeitung
Der Wechsel weg von Photoshop ist hart, vor allem, wenn man schon eine Menge Zeit und Geld investiert hat. Deswegen sollte die Alternative nicht mit allzu großen Beschränkungen aufwarten.
Der erste Kandidat ist Affinity Photo (https://affinity.serif.com/de/photo/).
Affinity Photo enthält nicht nur einen RAW-Konverter sondern ebenso eine
leistungsfähige Bildbearbeitung die derjenigen von Photoshop durchaus vergleichbar
ist. Der Funktionsumfang ist zwar etwas kleiner, allerdings in Bereichen, die man
eher selten oder gar nicht braucht. Die Optik des Programms ist für mich etwas
“kindlich” geraten aber das ist etwas, was leicht zu verschmerzen ist. Alle Programme
des Herstellers gibt es übrigens in einem sehr preiswerten Bundle - das beinhaltet dann
die Lizenz für Mac, Windows und iPad und zwar für Affinity Photo (Bildbearbeitung),
Affinity Designer (grafische Arbeit, Vektorgrafik) und Affinity Publisher (Desktop
Publishing).
Das Programm kommt zum Festpreis (kein Abo) und erhält kostenlose Updates, bis die
nächste Hauptversion erscheint. Dieser Zeitraum war von Version 1.x bis 2.x mindestens
fünf Jahre - so genau erinnere ich mich nicht mehr.
Fazit: Professionelle Leistung für wenig Geld. Ich werde mit dem Programm in Zukunft
die Bildbearbeitung durchführen.
Bei freier (kostenlos heißt nicht frei) Software ist GIMP immer noch der einzige
wirkliche Kandidat. GIMP ist allerdings verglichen mit Photoshop und Affinity Photo
wirklich langsam und vor allem: man kann dort nicht zerstörungsfrei arbeiten, da
Einstellungsebenen erst in Version 3.2 geplant sind. Die Version 2.10
hat dafür wichtige Vorarbeiten geliefert, aber die Entwicklung geht nur langsam
voran. Version 2.10 ist schon seit einigen Jahren der aktuelle Stand
(mit diversen neuen Unter-Versionen, aktuell 2.10.32) .
GIMP bietet über das GMIC-Plugin (siehe dieser Artikel)
eine Unmenge interessanter Filter für diverse Effekte.
Das Fehlen zerstörungsfreier Arbeit macht GIMP für mich aber momentan noch
wenig attraktiv. Wer die Ausgabe für ein Programm scheut und genügend Zeit hat,
für den ist GIMP durchaus interessant.
Ausblick
Im nächsten Artikel werde ich beschreiben, wie ich meinen Bildkatalog für die Übernahme in ein anderes Programm vorbereite.
Danke, dass Sie bis hierher durchgehalten haben!
Frank Tegtmeyer (2023-01-26 07:47)
Hallo Herr Schöne,zu Excire Photo kann ich leider nicht viel sagen - außer daß die Webseite zum Programm sehr stark den Fokus auf die KI des Programms richtet - etwas, das ich ja nun nicht gerade möchte. Vermutlich hilft da nur ausprobieren und sehen ob es zu Ihren Bedürfnissen paßt.
MfG Frank Tegtmeyer
Uwe Schöne (2023-01-26 02:47)
Hallo,zunächst einmal herzlichen Dank für Ihre stets interessanten und lehrreichen Artikel.
Was die Bildauswahl betrifft würde mich interessieren, wie Sie Excire Photo einschätzen.
Herzliche Grüße
Reinhard Grimm (2022-12-16 10:04)
Meine Antwort auf die Eingangsfrage: Ja!Konsequenz: In 2016 den Adobe-Abschied eingeleitet.
Heute: Das CaptureOneAbo hat mich sehr viel Überwindung „gekostet”, bereue ich aber nicht.
Ergänzung: AffinityPhoto.
Fazit: Seit 2018 keine Adobe-Produkte auf meinem Mac. Glücklich.